Ortsverein Bonn-Holzlar-Hoholz
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Trump und die zwei Seiten einiger Medaillen

von Gerd Eisenbeiß 11.05.2018

Es sieht so aus, als betrachte der amerikanische Präsident einige Medaillen von einer anderen Seite als wir Europäer. Der Nordatlantik, der uns bisher zu einer Einheit des Westens verbunden hatte, ist zum trennenden Ozean geworden.
Während es unverändert eine Wertegemeinschaft zwischen vielen Amerikanern und den allermeisten Europäern (leider ohne Russland) gibt, ist es zwischen den Regierungen und Parlamentsmehrheiten kalt geworden – fast wie im Kalten Krieg.


Schaut man die Medaillen an, die so verschieden gesehen werden von Amerikas Präsident und Europa (1), so zählt man mindestens drei:
1. Die Medaille des Planeten-Schicksals
2. Die Medaille der Handelsbilanz
3. Die Medaille der militärischen Sicherheit
4. Die Komplexitäts-Medaille.


Zu 1) Während Europa grundsätzlich die ökologische Überlastung der Erde anerkennt, auch wenn es sich schwer tut, daraus die notwendigen Konsequenzen politisch zur Entscheidung zu bringen, sind wissen-schaftliche Erkenntnisse zu diesem Thema der Ver- und Missachtung des amerikanischen Präsidenten ausgesetzt.
Es geht nicht nur um die drohenden Klimagefahren, sondern darüber hinaus um die wenigstens grundsätzliche Würdigung von Wissen und Verstehen, Fakten und Expertise.

In den Tiefen der verbreiteten Weltanschauung und –deutung ist dieser Unterschied bereits angelegt durch die unterschiedliche Rolle religiöser Prägungen, die in den USA ähnlich stark ist wie in Pakistan oder Guatemala, während Europa ganz überwiegend und zunehmend zu einer laizistischwissenschaftlichen Sicht der Welt, ihrer Entstehung und ihres weiteren Schicksals gekommen ist. Wer die Evolution des Lebens leugnet und sein tägliches Leben von althergebrachten Religionsvorschriften bestimmen lässt, wie ein Gutteil der Amerikaner, dürfte unfähig sein, wissenschaftsbasiert über die Zukunft nachzudenken.

Zu 2) Wo Trump eine Ausbeutung Amerikas durch unfaire Handelsbe-ziehungen sieht, sahen die Europäer stets das genaue Gegenteil; sie und die Ost-Asiaten arbeiteten in hohem Grade für bedrucktes Papier, um den Amerikanern ein bequemes Konsumleben zu ermöglichen.

 

Niemand zwang US-Bürger, europäische oder japanische Waren zu kaufen; sie taten es, weil es für sie günstig war – und es war günstig, weil ihre Währung auf Grund der imperialen Stärke der USA so hoch bewertet wurde – die Lieferanten waren froh, das bedruckte Papier namens Dollar zu erhalten und legten es in ihre Schatztruhe oder unter das Kopfkissen in dem glücklichen Gefühl, damit reich zu sein.

 

Trump sieht in dieser Ausbeutung des Restes der Welt nur die Jobbilanz, obwohl die USA eigentlich kein erhebliches Arbeitslosenproblem haben, wenn man die strukturelle Jobsituation in Regionen niedergehender Industrien (Kohle, Stahl) abzieht.

 

Natürlich sind die riesigen und noch steigenden Überschüsse des chinesischen und deutschen Export ein Problem, denn die Arbeitslosigkeit in anderen Ländern (auch der EU) ist die Kehrseite solcher Exporterfolge.

 

Wie aber sollen US-Exporte steigen und Importe sinken, solange die Welt gierig nach Dollars schnappt? Wenn es Trump gelingen sollte, die USA noch stärker zu machen, wird der Dollar gewiss nicht abgewertet! Die Währung eines Landes, das seine Handelsbilanz deutlich verbessert, steigt normalerweise im Wert! (2)


Zu 3) Jahrzehnte nach dem Weltkrieg hatten Europäer das Gefühl, von den USA nicht nur geschützt, sondern auch in sanfter, aber spürbarer Abhängigkeit beherrscht zu werden.

Amerikas Stärke als Militärmacht Nr.1 auf der Welt war weder eine selbstlose Gnade noch wurde sie so gesehen. Höchstens die militärisch
traumatisierten Deutschen genossen eine gewisse Duldung als militärische Trittbrettfahrer – auch weil man anderswo ganz froh war, die Deutschen auf diesem Gebiet nicht auch noch in einer Führungsposition zu sehen.


Nun machten die USA schon seit Längerem deutlich, dass die Europäer mehr für ihre eigene Sicherheit leisten müssten, insbesondere nachdem Russland in seine alte aggressive Rolle zurück gefallen war und der Traum von einem euroasiatischen Friedens- und Sicherheitsraum von Portugal bis Wladiwostok geplatzt war.

 

Trump aber sieht die Medaille noch etwas anders: er ignoriert die
amerikanische Rolle als Weltmacht mit Gestaltungs- und Interventions-ansprüchen auf dem ganzen Globus; er hat offenbar nicht verstanden, dass es genau diese Rolle ist, die er mit „America great again“ fortsetzt, die den USA so viel Einfluss zu ihren Gunsten sichert und den Dollar so stark macht, dass der US-Export leidet.


Zu 4) Man kann einiges dieser „2 Seiten einer Medaille“-Problematik zusammen ziehen: es handelt sich dann um die „Komplexitäts-Medaille“.

 

Während die Welt von Europa aus hochgradig multidimensional, ja komplex aussieht, wo alles mit allem zusammenhängt, erlaubt sich Trump eine Strategie der radikalen Vereinfachung, alles als bilateral zu behandeln anzusehen. Er ist voller Misstrauen gegen alle Multilatera-lismen und Organisationen von der UNO bis zur EU, von der Welthandels-organisation bis zum Weltklimarat – man darf vermuten, dass dies
eine Folge seiner Uninformiertheit und Denkfaulheit ist; er kapiert komplexe Strukturen daher nicht, was nicht gleichbedeutend mit Dummheit ist.

Nein, Trump ist nicht dumm, aber er liebt einfaches Denken, vor allem wenn es keine Änderung seiner vorgefassten Meinung erfordert.

Diese Reduktion multilateraler Komplexität auf schlichte Bilateralität scheint ihm auch überzeugend, weil sie in Anbetracht amerikanischer Macht vorteilhaft scheint: er ist als amerikanischer Präsiden in jeder bilateralen Situation der mächtigere!

Man fragt sich, ob Trump außer Golf auch Billard spielt und mit wie vielen Kugeln – es würde mich wundern; Schach ist gewiss nicht seine Sache, sondern der Deal zwischen Käufer und Verkäufer.


Wo Europa mit diplomatischen Mitteln zäh versucht, komplexe Situationen nicht eskalieren zu lassen, denkt und handelt Trump bestenfalls wie ein Pokerspieler, möglicherweise aber auch wie James Dean in „Denn sie wissen nicht, was sie tun“. (3)

 

Es ist sicher ein großer Moment für Trump, wenn die Europäer voller Entsetzen auf seinen Atomknopf-Wettbewerb mit Kim Jong-un reagieren oder seine Brandbomben in den Nahen Osten.
 

 

(1) Es ist einzuräumen, dass einige Europäer und bisher wenige Regierungen die Sichtweise
Trumps für ihre Zwecke nützlich finden (Amerika zu erst, Ungarn zuerst, Bayern zuerst!) und
sogar den europäischen Wertekonsens bezüglich demokratischer Rechtsstaatlichkeit verlassen.

 

(2) Man kann diesen kybernetischen Selbstregelungseffekt unterdrücken, wenn man wie die
Chinesen die eigene Währung politisch manipuliert und unsymmetrische Handelsbeschränkungen
anwendet – oder wie die Deutschen, wenn ein so exportstarkes Land in einem Währungsverbund
mit sehr viel schwächeren Volkswirtschaften wirtschaftet.

 

(3) In diesem Film aus den 50er Jahren fahren „halbstarke“ Jungs mit ihren Autos auf eine Klippe zu, um zu testen, wer seinen Mut dadurch be-weist, dass er als letzter aus dem Auto springt, bevor es in den Abgrund fällt.

Jessica Rosenthal - Politik aus Überzeugung - Für Bonn, für unser Land
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