Ortsverein Bonn-Holzlar-Hoholz
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SPD-Neustart: Politik für Rentner oder für Jugend?

Nun hat sich die SPD mit Rentenbeschlüssen und darüber hinaus weisenden Absichten profiliert: was die gute Wirtschaftslage ermöglicht, soll bis 2025 fortgeschrieben werden, also mit einem konstanten Beitragssatz von 20% sowie einem Rentenniveau von 48%.

 

Der Begriff des „Rentenniveaus“ ist nicht sehr transparent. Er beschreibt – immer vor Steuern! - die Höhe der aktuellen Renten im Verhältnis zu den aktuellen Löhnen, indem das prozentuale Verhältnis zwischen der sogenannten Standardrente, die ein fiktiver Durchschnittsverdiener nach 45 Beitragsjahren erreicht, und dem Durchschnittsentgelt gebildet wird. Dabei werden sowohl von der Standardrente als auch vom Durchschnittsentgelt die jeweils durchschnittlich zu leistenden Sozialbeiträge abgezogen, also zum Beispiel die Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherung.

 

Damit nähert sich das Rentensystem wieder dem der Vergangenheit, in der die gesetzliche Rente das tragende Element der Altersversorgung war. Gleichzeitig löst sich das Rentensystem vom Prinzip des sog. Generations-vertrags, bei dem die Renten-Beiträge der jeweils erwerbsaktiven Teile der Bevölkerung die Versorgungsbezüge zu finanzieren hatten. Denn der demografische Wandel erfordert bei konstantem Beitragssatz wachsende Zuschüsse aus Steuermitteln. Das kann man als ein Element sozialen Ausgleichs begrüßen, da zumindest die Lohn- und Einkommensteuern progressiv erhoben werden, hohe Einkommen also überproportional zu diesen Zuschüssen beitragen.

Blickt man nur auf das Rentensystem, freut sich das sozialdemokratische Herz; führt dieser Weg doch ein Stück weg von der ungeliebten privaten Vorsorgenotwendigkeit. Das mag auch Olav Scholz bewogen haben, als Ausweis eines programmatischen Neustarts der SPD eine Rentenpolitik zu fordern, die ein Rentenniveau von 48% auch deutlich über 2025 hinaus garantiert.

Allerdings hat diese Strategie finanzielle Konsequenzen, die mittels ein-facher Modellrechnungen abgeschätzt werden können. Das Ergebnis ist auch bei stetig guter Wirtschaftslage aus demographischen Gründen bedenklich. Wer nicht von enormen Steuererhöhungen träumt, muss bedenken, dass der Rentenzuschuss als konsumtive Staatsausgabe die Spielräume für die Jungen (Bildungsinvestitionen!), Infrastruktur-Sanierungen etc. wesentlich einengen wird. Manch einer hätte sich eher gewünscht, dass die SPD in ihrem „Neustart“ wieder zu einer Partei der Jungen und der Zukunft wird.

Andrea Nahles hat als Arbeitsministerin 2015 ein lobenswert transparentes Rentenpapier veröffentlicht, dessen zentrale Aussagen in der folgenden Tabelle sichtbar werden:

 

 

Bis 2020

Bis 2030

Bis 2045

Derzeitiges Gesetz

Max. Beitrag 20%

Min. Rentenniveau 46%

Max. Beitrag 22%

Min. Rentenniveau 43%

Keine Regelungen

Ist+wahrscheinliche  Entwicklung

Beitragssatz 18,7%

Rentenniveau 47,7%

Beitragssatz <22%?

Rentenniveau 44,5%

Rentenniveau 41,7%

… mit Haltelinie 46%

 

Beitragssatz 22,6%

Rentenniveau 46%

Beitragssatz 25,8%

Rentenniveau 46%

Nahles-Vorschlag

Keine Änderung

Max. Beitrag 20%

Min. Rentenniveau 46%

Max. Beitrag 22%

Min. Rentenniveau 46%

Demographie-Zuschuss 4,2‘‘€

Max. Beitrag 25%

Min. Rentenniveau 46%

Demographie-Zuschuss 7,8‘‘€

 

Die erste Zeile der Gesetzeslage 2015 ist Geschichte; die zweite Zeile ist durch die sehr günstige Wirtschafts- und Beschäftigungslage überholt. In der dritten und vierten Zeile steckte Andrea Nahles‘ „doppelte Haltelinie“, allerdings mit eher bescheidenen Zuschussforderungen aus Steuermitteln, weil sie das Rentenniveau bei 46% und den Beitragssatz bis 2030 auf 22% einfrieren wollte.

 

Man kann die finanziellen Konsequenzen in einem relativ einfachen Modell realitätsnah studieren. Dabei ist der entscheidende Parameter ein Demo-graphie-Faktor in Form des Verhältnisses der Zahl der erwerbstätigen Beitragszahler zur Zahl der Bezieher von Altersversorgung.

Dieses Verhältnis lag 2015 bei etwa 35%, d.h. 3 Beitragszahler versorgen einen Rentner. Diese Verhältniszahl wird bis 2045 die 50% übersteigen.

 

Die Grafik zeigt als Ergebnis, dass ohne Staatszuschuss der Beitragssatz um fast 10 %Punkte steigen müsste, das ist die finanzielle Größenordnung von 10 %-Punkten Mehrwertsteuer oder 100 Mrd. €.

Mein Modell kommt also mit einfachen Excel-Rechnungen zum gleichen Ergebnis wie der Max-Planck-Prof. Börsch-Supan oder andere mit Groß-Computern ausgestattete Wissenschaftler, deren Ergebnisse nach Zeitungsberichten zwischen 89 und 113 Mrd. € liegen.

 

Auch Sozialdemokraten sollten also überlegen, ob sie diese Beträge in die Renten stecken wollen oder in andere Problem-Bereiche. Denkt man einmal nicht mit dem heißen Herzen über gar nicht durchweg arme Rentner nach, sondern auch mal parteipolitisch an Wahlerfolge, sollte man nicht über-mäßig optimistisch sein, dass die SPD ihren Wiederaufstieg aus dem 20%-Bereich mit den Rentnern schaffen wird, oder ob nicht eine konsequente Politik für die Jungen strategisch ertragreicher wäre.

 

Schaut man auf die Konkurrenz, so sind unsere Freunde bei den Grünen längst nicht mehr die Jugendpartei und die Linken schon gar nicht und nie gewesen. Mögen auch die in den 70er und 80er Jahren sozialisierten Rentner von heute weniger konservativ sein als früher, so dürften doch die Alten immer noch eine Domäne der Union sein.

 

Die Rentner werden auch bei maßvoll absinkendem Rentenniveau Zuwächse haben, wenn sich die dunklen Wolken über der internationalen Krisenlage nicht als Unwetter über alles entladen. Seien wir also im Interesse der SPD und der Jugend vorsichtig mit ehrgeizigen rentenpolitischen Forderungen über 2025 hinaus.

 

Gerd Eisenbeiß, 30.08.2018

Jessica Rosenthal - Politik aus Überzeugung - Für Bonn, für unser Land
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